In der Nacht vom 8. auf den 9. September 2020 wurde das Flüchtlingslager Moria auf der
griechischen Insel Lesbos durch einen Brand zerstört. Bereits zuvor war das Lager Moria
über Jahre zum Symbol des Versagens europäischer Asylpolitik geworden: Zeitweise
mussten über 20.000 Menschen in einem Camp ausharren, das für 3.000 Menschen
ausgerichtet war. Die Versorgungs- und Hygienesituation war katastrophal.
Deutschland hat auf diese Situation gemeinsam mit anderen europäischen Ländern
reagiert, Hilfsgüter entsandt und die Aufnahmezusage auf knapp 3.000 Menschen erhöht.
Dennoch leben die Menschen auch drei Monate nach dem Brand immer noch unter
menschenunwürdigen Bedingungen auf den griechischen Inseln oder auf dem Festland.
Die humanitäre Situation im neuen Übergangslager Kara Tepe ist laut übereinstimmenden
Berichten von Menschenrechtsorganisationen deutlich schlechter als im Camp Moria: Die
Unterkünfte sind nicht winterfest, immer noch gibt es keine ausreichende sanitäre
Versorgung – Duschen und Toiletten fehlen vielfach. Gewaltsame Übergriffe auch gegen
besonders Schutzbedürftige sind an der Tagesordnung. Unter diesen Bedingungen leiden
besonders die vielen Kinder.
Angesichts dieser Zustände kritisieren wir umso mehr, dass humane Aufnahmestrukturen
wie das auf Lesbos betriebene Flüchtlingslager „PIKPA“ für besonders schutzbedürftige
Menschen aufgelöst wurden.
Uns ist bewusst, dass nur ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem, das von echter
europäischer Solidarität geprägt ist, die Asyl- und Migrationsfrage langfristig lösen kann.
Diese europäische Lösung ist jedoch immer noch nicht in Sicht.
Die begrüßenswerten Aufnahmen der Bundesregierung reichen noch nicht aus.
Deswegen fordern wir als Abgeordnete des Deutschen Bundestages die Bundesregierung
auf, sich für die Einhaltung menschen- und europarechtlicher Standards einzusetzen, die
Aufnahme Geflüchteter von den griechischen Inseln in Deutschland zu beschleunigen und
die Zusagen angesichts der Aufnahmebereitschaft in Bundesländern, Städten und
Gemeinden zu erhöhen.
In Deutschland haben über 200 Kommunen sowie einzelne Bundesländer zugesagt,
zusätzliche Geflüchtete aufzunehmen. Diese Zusagen übersteigen die vom Bund
koordinierte Aufnahme deutlich. Wir sehen die Bundesregierung in der Pflicht, den
Kommunen und Ländern, die eine menschenrechtswürdige Unterbringung ermöglichen
können und wollen, eine Zusage für die Aufnahme zu erteilen.