Das Problem ist seit Jahren bekannt: Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen entsprechen dem Alltag von Branchen wie der Fleischwirtschaft. Das Mittel: Werkverträge. Die SPD-Bundespolitiker Elvan Korkmaz-Emre, Abgeordnete für den Kreis Gütersloh, und Ralf Kapschack, Mitglied im Ausschuss Arbeit und Soziales, rufen zu entschlossenem Handeln auf.

Ein Werkvertrag funktioniert nach einem einfach Prinzip: Ein Auftraggeber beauftragt einen Auftragnehmer mit der Erstellung eines ‚Werks‘. Entlohnt wird also nicht die Arbeitszeit, wie bei der Leiharbeit. Der Werkvertragsnehmer ist verpflichtet, das zugesagte ‚Werk‘ zu dem vereinbarten Preis herzustellen – komme, was wolle. Er handelt dabei unternehmerisch selbstständig.

„Deshalb bietet das Konstrukt so eine Sprengkraft“, erläutert Elvan-Korkmaz Emre. „Es wird vielfach missbraucht, um die Löhne zu drücken, betriebliche Mitbestimmung zu verhindern und letztlich die Verantwortung für menschenunwürdige Arbeitsbedingungen wegzuschieben.“ Prominentes Beispiel ist die Tönnies Holding, einer der größten Schlachtbetrieb Deutschlands mit Sitz in Rheda-Wiedenbrück. Seit Jahren pochen lokale Bündnissen und Gewerkschaften auf Veränderungen, bislang ohne Erfolg.

„Wir wollen den Werkvertrag als solches nicht abschaffen, aber wir wollen den Missbrauch noch effektiver verhindern“, erläutert Ralf Kapschack, Mitglied im Bundestagsausschuss Arbeit und Soziales. „Wir haben 2016 bereits mit dem Gesetz zur Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen vorgelegt, gerade aber für die Werkvertragsarbeitnehmer haben wir nicht die Verbesserungen erreicht, die wir uns erhofft hatten.“

Deshalb halten es die beiden Sozialdemokraten für sinnvoll, den Arbeitnehmerbegriff im Bürgerlichen Gesetzbuch zu präzisieren, um den missbräuchlichen Einsatz von Werkverträgen effektiv auszuschließen. „Über einen Kriterienkatalog, der klar zwischen abhängiger und selbstständiger Arbeit unterscheidet, können wir das massenhafte Outsourcing in diesen Branche verhindern“, ist sich Elvan Korkmaz-Emre sicher, denn „wirklich selbstständig im Vollzug seiner Arbeit ist man im Schlachtbetrieb sicherlich nicht“. Die Beschäftigung von Werkvertragsarbeitnehmern wäre damit unzulässig.

„In solchen Fällen kann die Beauftragung von Werkarbeitsfirmen auch als Betriebsänderung gezählt werden“, so Kapschack „Mit einer entsprechenden Grundlegung im Betriebsverfassungsgesetz können wir dafür sorgen, dass in solchen Fällen die betrieblichen Mitbestimmungsrechte greifen. Das wäre eine gute Ergänzung.“

Schließlich plädieren die beiden SPD-Abgeordneten auch für eine strafrechtliche Verfolgung der missbräuchlichen Nutzung von Werkverträgen. Sie plädieren für die Einrichtung spezialisierter Anwaltschaften und einer gesetzlichen Grundlage, die eine Verfolgung von Amts wegen ermöglicht. „Wir werden weiter darauf hinarbeiten, dass wir schnellstmöglich Veränderungen vor Ort sehen. Wir können die Situation nicht hinnehmen“, gibt sich die Gütersloherin Elvan Korkmaz-Emre kämpferisch.