Stefanie, bei der Ebert-Stiftung beschäftigt Ihr euch mit dem Thema „Digitaler Kapitalismus“. Was unterscheidet den „Digitalen Kapitalismus“ vom ,Analogen‘?

Hallo Elvan, ich sehe den digitalen Kapitalismus als neue Spielart des Kapitalismus. Digitale Technologien und die damit einhergehenden neuen Geschäftsmodelle, Arbeits- und Organisationsformen verändern den Kapitalismus. Digital vs. Analog – das ist ein wenig wie Hallenfußball vs. Fußball: Beim Hallenfußball gibt‘s auch einen Ball und Spieler, aber das Spiel funktioniert ganz anders, schneller, mit eigener Logik und Regeln – nur gibt‘s für den digitalen Kapitalismus noch keine klaren Spielregeln.

Den ,Digitalen Kapitalismus‘ zu zähmen wird schwer. Untergräbt ,das Netz‘ ein stückweit das Prinzip von Staatlichkeit?

Staaten stehen beim Zähmen des digitalen Kapitalismus vor drei Herausforderungen: Er ist
1.) neu
2.) verändert sich schnell und
3.) sein wichtigstes Kapital sind Daten.
Es ist sehr viel schwieriger zu regulieren, wie und wo Daten verwendet werden als z.B. Maschinen. Das heißt aber nicht, dass Demokratien der Eigendynamik des digitalen Kapitalismus ohnmächtig gegenüberstehen. Der Staat darf jedoch nicht nur auf die Logik der Märkte reagieren, sondern muss auch agieren.


Was kann die Antwort ,der Politik‘ auf den ,digitalen Kapitalismus‘ sein?

Ich glaube, die Politik muss vor allem dringend klären, welche Lebensbereiche wir den Spielregeln der digitalen Märkte überlassen – und welche nicht. Wir dürfen keine Angst haben, uns auch mit den Großen u Mächtigen, sprich BigTech, anzulegen. Zum Beispiel: Wollen wir es Googlemaps überlassen, die städtischen Verkehrsströme zu steuern? Wollen wir Facebook entscheiden lassen, welche Informationen für uns relevant sind? Wenn nicht, dann muss die Politik hier andere Spielregeln und/oder öffentliche Alternativen schaffen.


Welche Perspektive ergibt sich für die Sozialdemokratie mit Blick auf den ,Digitalen Kapitalismus‘?

Genau diese Frage diskutieren wir beim #digitalcapitalism Kongress. Es dreht sich 2020 um die Frage, was wir aus Corona lernen und wie wir statt eines „back to normal“ nach der Krise eine bessere digitale Wirtschaft und Gesellschaft bauen. Los geht’s dieses Jahr am 10.11.! Stay tuned unter: www.fes.de/digitalcapitalism

Meine persönliche Meinung: Der Sozialdemokratie sollte es dabei v.a. um die Demokratisierung der Wirtschaft und um gesellschaftliche Innovation gehen. Wir brauchen eine digitale Wirtschaft, von der alle profitieren – Mensch und Umwelt!