Nachdem gestern bekannt wurde, dass nach Corona-Testungen in der Produktion bei Tönnies 4 von 5 Abstriche positive waren, ist heute weiter vieles unklar. Klar ist, dass Tönnies die Produktion runtergefahren hat; eingestellt ist sie nicht. Für alle, die nicht positiv getestet sind, geht die Arbeit weiter. In „Arbeitsquarantäne“ dürfen sie sich zwischen Wohnung und Arbeitsort bewegen. Klar ist auch, dass auch unabhängig der positiven Tests bei Tönnies die Fallzahl im Kreis steigt. Klar ist auch: der Kreis hat gestern die Schulen und Kitas wieder geschlossen. Laut Landrat Adenauer, um einen Lockdown zu vermeiden. Warum genau das die sinnvollste Maßnahme sein soll, hat er nicht begründet. Viele Eltern haben heute bei mir angerufen und danach gefragt. Ich frage Herrn Adenauer. Ich frage außerdem: Warum ein ‚Lockdown‘ um jeden Preis verhindern? Ich wünsche mir eine seriöse Beurteilung anhand gesicherter Daten über das Infektionsgeschehen.
Zu aller erst müssen wir uns um das Wohl der Beschäftigten kümmern. Ist die medizinische Versorgung gesichert? Kann die Wohnsituation von Werkvertragsarbeiter*innen entlastet werden? Usw. Dann bedarf es einer umfassenden Information aller Bürgerinnen und Bürger. Was weiß man? Was müssen wir noch untersuchen? Und wir brauchen einen echten Plan, was passiert, wenn die Zahlen steigen – über Tönnies hinaus. Die Bürgerinnen und Bürger haben keine Angst vor Corona. Sie müssen aber wissen, worauf sie sich einstellen sollen. Nur so schaffen wir das zusammen!
Und wenn das vorbei ist, dürfen wir bitte nicht vergessen, dass diese Corona-Infektionszahlen bei Tönnies nur das Symptom einer menschenverachtenden Praxis ist. Alle, die sich länger mit den Zuständen in der Fleischwirtschaft beschäftigt haben, hatten befürchtet, dass es so kommt, aber gehofft, es möge einfach nicht passiert. Ich kann nur hoffen, dass nun wirklich die Zeit gekommen ist, diesen unhaltbaren Zuständen ein Ende zu machen. Dafür reichen keine Lippenbekenntnisse. Da müssen wir an die Probleme ran, die weh tun werden, wenn die erste Panik verflogen ist. Wie kann Fleischproduktion als menschenwürdige Arbeit tatsächlich aussehen? Wie schaffen wir es, dass alle Verbraucherinnen und Verbraucher einen grundlegenden Wandel akzeptieren. Und wie unterbinden wir bei allen gut gemeinten – auch kommenden – Gesetzen, dass die mitunter kriminellen Absichten in dieser Branche nicht wieder obsiegen?